Unsere Werte und Erfahrungen vermitteln
Die diesjährige Mitgliederversammlung begann an diesem 23. Oktober mit der
schon traditionellen Ehrung der Opfer des Naziterrors im Innenhof der
Gedenkstätte Deutscher Widerstand in der Stauffenbergstraße, wo Ernst Melis
und Gerhard Leo das Blumengebinde des Verbandes niederlegten. (siehe Foto S.
2) »Es waren unsere Kameraden, die hier an dieser Stelle am 20. Juli 1944
erschossen wurden erinnerte Gerhard Leo in seiner Würdigung des Widerstandes
gegen das Hitlerregime. Diese Männer hatten versucht, dem Morden Einhalt zu
gebieten, die verbrecherische deutsche Regierung zu stürzen, den Krieg zu
beenden. «Diesem Ziel haben sie ihr Leben geopfert. Wir fühlen uns tief mit
den patriotischen Offizieren des 20. Juli verbunden.« Trotz zahlreicher
Versuche während des Kalten Krieges und auch heute noch, die Teilnehmer am
Widerstand widersprüchliche Kategorien aufzuteilen und gegeneinander
auszuspielen, »gibt es weit mehr, was uns verbindet als das, was uns
trennt.« »Wenn wir unsere Toten ehren, « so Gerhard Leo, »dann denken wir an
alle unsere Kameraden, ohne Ausnahme.«
Sie zu ehren, heißt für die Verbandsmitglieder vor allem, das Ideal, für das
sie ihr Leben gaben, weiter zu vermitteln, besonders an die Jugend: Freiheit
und Demokratie, die Unabhängigkeit der Völker, die Verhinderung aller
Angriffskriege, die Verteidigung der Menschenrechte, die kompromisslose
Verurteilung des Antisemitismus und des Rassismus. »Diese Aufgabe «, so
führte er aus, »an der alle unsere Mitglieder in dieser oder jener Form
teilnehmen, bleibt hoch aktuell. Die Landtagswahlen in Sachsen und
Brandenburg, nach denen neonazistische Abgeordnete in die Parlamente
einzogen, zeigt die Gefahr. Sicher, wir sind nicht am Vorabend eines neuen
1933. Doch wir wissen, dass Metastasen der Nazi-Ideologie noch in unserer
Gesellschaft vorhanden sind.« Als Beispiele nannte der Redner u.a. den
Angeordneten Hohmann, der durch eine offene antisemitische Hetzrede einen
Skandal auslöste, oder die Verwaltungsgerichte, die immer wieder
unverständliche Urteile fällen, um Naziaufmärsche zu legalisieren. Aber er
konnte auch von anderen Erfahrungen berichten. So ist anlässlich des 60.
Jahrestages der Befreiung von Paris die DRAFD-Ausstellung »Deutsche in der
Résistance « im Berliner Rathaus gezeigt worden worden und Bürgermeister
Woworeit hat seinem Kollegen, dem Bürgermeister von Paris, Monsieur Delanoé,
im Namen der Berliner zur Befreiung von der Nazi-Okkupation beglückwünscht.
»
Das, sowie das positive Echo von den Jugendlichen, zu denen wir sprechen
können, bestätigt, dass die Bedingungen günstig sind für unsere Aktivitäten
zur Vermittlung der Werte des antinazistischen Widerstands und zur
Zurückweisung aller neonazistischen Demagogie.«
Nach dem traditionellen Auftakt mit der Gedenkrede von Gerhard Leo eröffnete
Ernst Melis die Mitgliederversammlung und begrüßte herzlich die 54
teilnehmenden Verbandsmitglieder und drei Gäste. Er ehrte mit Worten des
Gedenkens die Kameradinnen und Kameraden, die der Tod seit der
Jahresversammlung 2003 aus unserer Mitte gerissen hat. Mit einer
Schweigeminute gedachten die Anwesenden der Kameraden: Walter Bloch, Macel
Grünberg, Heinz Junge, Max Kahane, Ernst Kutschera, Prof. Dr. Rolf
Landsberg, Fred Löwenberg, Sophie Marum, Dr. Horst Rocholl, Dr. Sigrid
Wegner-Korfes.
Die vorliegende Tagesordnung wurde einstimmig bestätigt. Ebenso einstimmig
wählte die Versammlung Peter Rau als Vorsitzenden der Redaktionskommission,
Kurt Hälker als Protokollant und den Versammlungsleiter Prof. Dr. Stefan
Doernberg. Dieser übergab das Wort an Hanna Podymachina zum Kassenbericht
sowie an Gertrud Markus zum Revisionsbericht. Zuvor hatte Kurt Hälker einige
Anmerkungen und Ergänzungen zum vorliegenden Tätigkeitsbericht gegeben. Die
Berichte sowie die Briefentwürfe an den Bundeskanzler und den Rat der
Bürgermeister von Berlin standen nun zur Diskussion. An dieser lebhaften und
konstruktiven Aussprache beteiligten sich Günter Wehner, Horst Behrendt,
Harald Wittstock, Gerhard Zadek, Heinrich Fink, Jonny Granzow, Gerhard
Dengel, Kurt Gutmann, Werner Knapp, Gisela Petruschka, Moritz Mebel, Stefan
Doernberg, Gottfried Hamacher, Horst Bernard, Peter Gingold und Charles
Melis.
Eines der Themen, das in vielen Wortmeldungen eine herausrausgende Stelle
einnahm, war der Umgang mit Geschichte, wie Geschichte an die junge
Generation vermittelt wird, wie junge Leute zukünftig die Arbeit einbezogen
werden könnten. Dabei wurde das im Bericht von Kurt Hälker erwähnte Projekt
von Rahel Melis zur Neugestaltung der Ausstellung »Deutsche der Résistance«
als Generationsprojekt Beispiel für die Einbeziehung junger Menschen genannt
und für unterstützungswürdig befunden. Eine Analyse von
Geschichtsschulbüchern hat ergeben, dass die Jugend sehr wenig über den
Widerstand gegen das NS-Regime erfährt. Ebenso sind Filme und
Fernsehproduktionen unzureichend, wird nicht auf die Ursachen zum Ausbruch
des Zweiten Weltkrieges eingegangen. Unsere Aufgabe und unsere Pflicht ist
es, so wurde von Rednern immer wieder festgestellt, uns als Zeitzeugen der
Verfälschung von Geschichte entgegenzustellen, die historische Wahrheit
verbreiten, unsere Erfahrungen und unser Wissen weiterzugeben und öffentlich
zu machen. Es wurde angeregt, das biografische Lexikon, das erstmalig
Deutsche, die im Ausland Widerstand leisteten, zusammenfaßt, zum 60.
Jahrestag der Befreiung herauszubringen und das Handbuch bei der Buchmesse
im Frühjahr 2005 vorzulegen. An die Ereignisse vor 60. Jahren in Frankreich
und Paris wurde in dem Zusammenhang erinnert, dass ohne die Aktivitäten des
Verbandes die deutsche Öffentlichkeit, im Vergleich zur französischen, wenig
vom Widerstand Deutscher in den Reihen der Résistance erfahren hätte. Daher
war die Ausstellung im Berliner Rathaus von besonderer Wichtigkeit.
Diskussionsbeiträge befassten sich mit dem 60. Jahrestag des Warschauer
Aufstandes. Auszüge aus dem Vortrag von Dr. Gerd Kaiser zur Beteiligung
deutscher Antifaschistinnen und Antifaschisten am Befreiungskampf des
polnischen Volkes veröffentlichen wir in dieser Information.
Als ein ganz besonderes Ereignis wurde der 60. Jahrestag der Befreiung vom
Hitlerfaschimsus im Mai 2005 gewertet, weil er das letzte runde Ereignis
sein wird, an dem Zeitzeugen authentisch berichten können. Neben dem Brief
an Bundeskanzler Schröder, der im Wortlaut veröffentlicht wird, wurde ein
Brief an die Geschäftsstelle des Rates der Bürgermeister von Berlin
verabschiedet. Die Versammlung unterbreitet darin den Vorschlag, in Berlin
eine Straße oder einen Platz in »Straße bzw. Allee der Befreiung« oder
»Platz der Befreiung« umzubenennen und dies in würdiger Form am 8. Mai 2005
vorzunehmen. Außerdem wurde an Dr. Klaus Zumwinkel, Vorstandsvorsitzender
der Deutschen Post AG, die Bitte geäußert, zur Erinnerung an den 60.
Jahrestag Jahrestag des Endes des furchtbaren Vernichtungskrieges, im Mai
2005 ein Sonderpostwertzeichen herauszugeben. Weiter heißt es in dem von der
Mitgliederversammlung beschlossenen Vorschlag: »Unser Verband regt weiterhin
an, dass eine solche Sonderbriefmarke mit einem Zuschlag versehen werden
sollte, dessen Erlös dem Fonds für den »Aufstand der Anständigen«, die sich
gegen neonazistische und rassistische Umtriebe in unserem Lande zur Wehr
setzen, zufließen würde.«
Nach der Beendigung der Aussprache und der einstimmigen Billigung der
Berichte, der oben erwähnten Briefe sowie der Entlastung des Vorstandes,
faßte die Mitgliederversammlung gemäß einem Vorschlag des bisherigen
Vorstandes, unter Berufung auf den § 7 der Satzung, die Zahl der
Vorstandsmitglieder von 7 auf 9 zu erhöhen, um ein breiteres Spektrum für
das Wirken des Verbandes zu erreichen. Dieser Vorschlag wurde zum Beschluss
erhoben und einstimmig gefaßt.
Für die nachfolgenden Neuwahlen wurde Heinz Köller als Wahlleiter einstimmig
bestätigt. Sein Vorschlag, in offener Wahl über jeden vorgeschlagenen
Kandidaten einzeln abzustimmen, fand einhellige Zustimmung. Alle Mitglieder
des neuen Vorstandes hatten persönlich ihre Bereitschaft erklärt und wurden
einstimmig, ohne Gegenstimme oder Enthaltung gewählt. Thomas Schober
vertritt im neuen Vorstand die junge Generation. Ebenso einstimmig wurden
die Revisoren gewählt. Der Wahlleiter berief die konstituierende Sitzung des
neuen Vorstandes ein. Dieser wählte Ernst Melis zum Vorsitzenden, Kurt
Hälker zum Stellvertretenden Vorsitzenden und Hanna Podymachina zum
Schatzmeister des Verbandes.
Der auf der Mitgliederversammlung am 23. Oktober gewählte Vorstand der DRAFD
Ernst Melis, Vorsitzender ehemaliger Angehöriger der französischen
Résistance
Kurt Hälker, Stellv. Vorsitzender ehemaliger Angehöriger der französischen
Résistance und der französischen Armee
Prof. Dr. Stefan Doernberg, ehemaliger Offizier der Roten Armee
Peter Gingold, ehemaliger Angehöriger der französischen Résistance und der
französischen Armee André Lohmar, Dipl. Kaufmann
Hanna Podymachina, Schatzmeisterin, ehemaliger Offizier der Roten Armee
Horst Bernhard, Landesvorsitzender der VVN-BdA
Dr. Gisela Petruschka, Dipl. Phil.
Thomas Schober, Jugendvertreter
Revisoren: Dr. Gertrud Markus, Marianne Brümmer, Hans Heisel
Vom Vorstand berufener Beirat:
Pfarrer i. R. Erich Arndt, Ludwig Baumann, Dr. Horst Behrendt, Kurt
Erlebach, Henriette Dreifuß, Abel Farnoux, Gottfried Hamacher, Uta Herrmann,
Hans Heisel, Werner Knapp, Prof. Dr. Heinz Köller, Lore Krüger, Gerhard Leo,
Kurt Lohberger, Dr. Gertrud Markus, Dr. Herbert Mayer, Horst Meyer, Dr.
Charles Melis, Katrin Ruh, Dr. Hermann- Ernst Schauer, André Waldeyer, Dr.
Günter Wehner, Harald Wittstock, Gerhard Zadek
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