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Tagesnotizen von Heike Habrecht und Kai Hofmann, Abiturienten aus Chemnitz
Sonntag, 06.06.2004 22.00 Uhr treten wir unsere Reise in Chemnitz nach Berlin an. Die Nacht verbringen wir auf dem Ostbahnhof um pünktlich 7.00 Uhr am nächsten Tag losfahren zu können.
Montag, 07.06.2004 Auf der Busfahrt nach Sarreguemine bekommen wir von Constanze[1] Zeitungsartikel über Oradour (sur Glane), die wir dann gleich lesen, da wir in Chemnitz in der Schule leider noch nicht so viel über Oradour gehört haben. Schön war, dass wir unsere Gruppe am Abend im Hotel ein bisschen näher kennen lernen können. Es wird über die Erwartungen jedes Einzelnen an die Reise gesprochen und so waren die ersten Barrieren durchbrochen.
Dienstag, 08.06.2004 Am zweiten Tag der Reise fahren wir nun von Sarreguemine nach Limoges. Heinz[2] bemüht sich redlich, uns die Zeit mit Geschichten über Land und Leute zu verkürzen. Ich nutze die Zeit, um mich über Oradour zu belesen. Ankunft in Limoges. Unser Hotel liegt gleich neben dem Gare SNCF (Gare Benedictien), Frankreichs schönsten Bahnhof!
Mittwoch, 09.06.2004 Der Besuch des malerischen Dorfes Uzerche wirkt ziemlich bedrückend auf mich. Ich habe die Vorstellung, dass ich wohl mit eines der ersten deutschen Mädchen bin, das Blumen an dem Ort nieder legen darf, an dem Michel[3] erhängt wurde. Im völligen Gegensatz dazu war Tulle[4] für mich. Erstens war die Stimmung den Deutschen gegenüber ohnehin gespannt und zweitens wirkte gerade die Verlesung der Namen der Getöteten mit ihrem (häufig jugendlichen) Alter besonders bedrückend auf mich.
Donnerstag, 10.06.2004 Unser Besuch schlägt Wellen! An unserem Besuch scheiden sich die Geister. In Tulle waren wir noch inoffiziell, nicht auf der Liste derer, die einen Kranz niederlegen. Dafür muss sich der Bürgermeister harte Worte anhören! In Oradour sur Glane ist es anders. Wir sind offiziell und legen unseren Kranz unter den Augen von Raffarin[5] ab. Diskutiert wird heiß: Viele sind versöhnlich, viele nicht! Die Medien berichten viel. Später am Tag treffen wir auf andere Jugendliche und machen eine Führung durch das tote Dorf, in das nun wieder Ruhe eingekehrt ist.
Freitag, 11.06.2004 Wir besuchen das Haus des Résistancemuseums (in Limoges) und haben die Möglichkeit mit einer sehr aufgeschlossenen Frau zu sprechen, die in Ravensbrück interniert war. Sie spricht sehr offen und engagiert über ihre Erlebnisse, um sie an die Jugend zu übermitteln. Der Empfang beim Bürgermeister von Limoges (Mitglied der Nationalversammlung der Republik Frankreich) ist eher offiziell als emotional. Wir konnten von Gerhard Leo und Ernst Melis[6], die uns die gesamte Zeit begleiteten, unheimlich viel lernen. Die Gespräche mit beiden waren immer interessant und waren für uns Jugendliche niemals belehrend, eher locker und entspannt. Wir haben insgesamt die Reise als Bereicherung für uns angesehen Fußnoten eingefügt von Charles Melis [1] Constanze Lindemann von ver.di Berlin war wesentlich an der Vorbereitung der Fahrt beteiligt [2] Dr. Heinz Neumann, Reiseleiter von TUK Berlin, Romanist [3] Leutnant Michel - Eduard Chauvignat ist der vollständige Name [4] Hier hat die SS-Division „Das Reich“ am 9.6.1944 99 Männer des Ortes an den Fensterkreuzen von Häusern erhängt [5] Ministerpräsident der französischen Republik [6] Gerhard Leo (81) kämpfte in der Résistance u.a. bei den Partisanen und war an den Befreiung von Tulle beteiligt; Ernst Melis (95) kämpfte in der Résistance, hier u.a. verantwortlich für illegale Arbeit unter Angehörigen der faschistischen Okkupationsarmee in Frankreich
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