R e d e

des Chefs der Senatskanzlei, André Schmitz,

zur Eröffnung der Ausstellung "Deutsche in der Résistance"

am 27. August 2004 in der Rotunde des Berliner Rathauses

  

Ich bin stolz, Sie hier heute begrüßen zu dürfen und mit Ihnen diese Ausstellung im Berliner Rathaus zu eröffnen.

Stolz bin ich, weil Sie zu jener Minderheit der Deutschen jener Zeit gehören,

Ø die dem Nationalsozialismus entschlossen die Stirn boten,

Ø die zeigten, dass der Kampf gegen Unfreiheit und Barbarei jeden Einsatz rechtfertigt - und sei es das eigene Leben.

Die Deutschen in der Résistance: Das waren Männer und Frauen mit aufrechter Gesinnung. Und daran ändert auch nichts, dass viele von ihnen an den Kommunismus glaubten. Sie haben einer Ideologie vertraut, die ihnen als Garant für Humanität und Freiheit in Europa schien. Deshalb haben zahlreiche deutsche Résistance-Angehörige zuvor im spanischen Bürgerkrieg gekämpft und dabei ihr Leben riskiert.

Sie glaubten an das Gute im Kommunismus. Das war, wie wir heute wissen, ein tragischer Irrtum. Nicht wenigen von ihnen wurde dieses Vertrauen zum Verhängnis. Sie wurden von dem System verraten, an das sie glaubten, sie wurden ausgeliefert oder direkt von Stalins Schergen selbst ermordet.

Und trotzdem hat dieser Glaube Berge versetzt.

Ø Da war eine enorme moralische Kraft.

Ø Da war eine existentielle Verbundenheit zu Werten wie Freiheit, Toleranz, Menschlichkeit.

Ø Und da war auch viel (ich sage bewusst das altmodische Wort) "Vaterlandsliebe". Aber das darf man nicht mit dem plumpen, aggressiv-übersteigerten Nationalismus verwechseln, der damals grassierte. Es war eher eine Liebe zu den vielen Vaterländern, die damals durch die Nationalsozialisten brutal unterjocht worden waren.

Ø Dieses Ideal eines freien Europa, in dem die Völker in freier Selbstbestimmung leben und sich nicht in alter Feindschaft, sondern in gegenseitigem Respekt und in Solidarität verbunden fühlen: Das ist ein Ideal, das erst durch die Europäische Integration eingelöst wurde.

Aber schon damals haben diese Ideale die deutschen Résistance-Mitglieder beflügelt.

Damit stellten diese Männer und Frauen das bessere Deutschland dar. Sie zählten zu jener Minderheit, die es wagte, Widerstand gegen Hitler zu leisten.

Wir haben hier in Berlin erst vor wenigen Wochen feierlich der Männer und Frauen des 20. Juli gedacht - der Aufstand gegen Hitler jährte sich in diesem Jahr zum 60. Mal. Unter den Verschwörern des 20. Juli waren viele,

Ø die dem Regime treu gedient hatten,

Ø die sogar mit einzelnen Zielen der Nazis konform gingen,

Ø und die dann doch nicht mehr wegschauen konnten und nicht länger bereit waren, die verbrecherischen Machenschaften zu tolerieren.

So unterschiedlich die Verschwörer des 20. Juli im Vergleich zu den deutschen Résistance-Kämpfern waren, so ähnlich waren sie sich doch in einem wesentlichen Punkt: Dass man Hitler und sein verbrecherisches System mit allerletzter Entschlossenheit bekämpfen muss.

Das ist ein Vermächtnis, das die deutsche Résistance mit dem 20. Juli teilt. Und dieses Vermächtnis ist bis heute lebendig.

Das Vermächtnis der deutschen Résistance-Kämpfer hat auch viel zu tun mit einem Ereignis, das sich vorgestern zum 60. Mal jährte: Ich meine die Befreiung von Paris. Das war ein Tag der Freude und der Hoffnung für Europa. Zahlreiche Städte und Dörfer wurden in den letzten Kriegsmonaten noch verwüstet, Millionen Menschen verloren ihre Heimat oder mussten sterben, aber mit der Befreiung von Paris war ein Zeichen gesetzt worden, das den Menschen Mut machte.

Aus Anlass des 60. Jahrestages der Befreiung von Paris hat der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, an seinen Pariser Amtskollegen Delanoë geschrieben:

Ø Unter jenen, die für die Befreiung von Paris ihr Leben riskiert haben, waren auch eine Reihe deutscher Résistance-Mitglieder. Sie haben nicht nur gegen die im Namen ihres Volkes angerichtete Barbarei gekämpft. Sie zählen auch zu den Vorreitern der deutsch‑französischen Freundschaft.

Frankreich und Deutschland verbindet heute eine intensive Freundschaft. Und Berlin pflegt mit Paris eine sehr harmonische und ertragreiche Städtepartnerschaft.

Dass dies nach Jahrzehnten der "Erbfeindschaft" und nach zwei verheerenden Weltkriegen möglich wurde, ist auch ein Verdienst deutschen Widerstandes gegen Hitler, und hier meine ich ganz besonders die deutschen Mitglieder der Résistance.

Dies deutlich herauszustellen, ist eine wichtige Aufgabe der Ausstellung, die wir heute eröffnen. Ich wünsche dieser Ausstellung viele Besucher, damit noch stärker ins Bewusstsein rückt, weichen wichtigen Beitrag diese tapferen Männer und Frauen im Kampf gegen die Hitler-Barbarei leisteten.

 

 

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